Gesamtanstieg: 955 m
Gesamtzeit: 05:44:31
Gestern verbrachten wir noch einen sehr angenehmen Abend auf der schönen Dachterrasse der Albergue ‚Triana‘ in den Hängematten und konnten auch vernünftig schlafen. Das war aber kein Wunder, nach 44 Stunden Busfahrt kann man gut schlafen. Heute sind wir dann 6 Uhr raus und nach einem kostenlosen Kaffee gegen 7 Uhr gestartet. Bis sich allerdings die Ordnung im Rucksack wieder richtig herstellen ließ, war es eine unschöne Kramerei. Ich hatte gefühlt alles mindestens zweimal draußen. Das werde ich heute nochmal eingehend überarbeiten, denn auf dem letzten Camino hatte ich alles so optimal verstaut, dass ich mit nahezu einem Griff genau das in der Hand hatte, was ich gerade suchte.
Nun lag aber endlich der Fokus auf der heute anstehenden Etappe. Dass diese kein landschaftliches Highlight wird, wussten wir schon von der im Vorfeld durchstöberten Literatur. Die Industrievorstadt von Sevilla zieht sich 10 km, bis man dann endlich an der historisch-römischen Ausgrabungsstätte von Italica ankommt. Für Pilger ist der Eintritt frei. Der Señor am Einlass gab uns einen Schlüssel und wir sollten uns in ein Buch einschreiben. Dies löste kurz Ratlosigkeit bei uns aus, die sich aber nach einigen Schritten aufklärte. Denn da sahen wir schon große Schließfächer, in denen man die Rucksäcke verstauen konnte, um sie nicht mit herumschleppen zu müssen. Einmal richtig mitgedacht die Jungs. Nach einer halben Stunde hatte man aber alles gesehen und wir wackelten weiter bis Santiponce. Dort gab es für uns bei einer kurzen Pause einen Cafe con Leche. Nach weiteren 5 km ging nun der endlos lange und schnurgerade Pfad los, den wir von Fotos her schon kannten. Hier habe ich mich das erste Mal richtig in die Via verliebt. Aber nicht nur mein Herz brannte, sondern auch die Sonne. Und zwar erbarmungslos. Dies war dann schließlich so ab 11 Uhr nur noch mit dem großen Handtuch unter dem Hut zu ertragen, dass sich bis über die Schultern ausbreitete. Überall sengende Hitze, es gab keinen Zentimeter Schatten und so lief der Schweiß in Strömen. In der Ferne, am Ende der geraden Piste, war dann irgendwann das Tagesziel Guillena zu sehen. Allerdings läuft und läuft man und es kommt einfach nicht näher. Solche endlosen Geraden sind trügerisch. Die letzten 5 km blenden wir einfach die unerträgliche Hitze aus und laufen wie in Trance Schritt für Schritt. Schlussendlich kamen wir dann doch noch in der kleinen Herberge an, die wir heute als unser Etappenziel auserkoren hatten. Nach dem Wäschewaschen wollte ich auf der Dachterrasse die Wäsche aufhängen und machte den Fehler barfuß aus dem Schatten zu treten. Hier bekommt man keine Blasen vom Laufen, sondern von solchen Dummheiten. Während mein Pilgerfreund Siesta hält, ließ ich mir ein kaltes Bierchen im Schatten schmecken. Nun war Zeit in Ruhe meine Eindrücke und Gedanken des Tages niederzuschreiben. Unseren Lebensmitteleinkauf verschoben wir auf Abends, denn jetzt aus dem Schatten zu treten wäre Selbstgeißelung. Mal sehen, was der Abend noch so bringt, aber ich denke, in dem kleinen Nest wird nicht viel passieren.
© schlaatz