Gesamtanstieg: 687 m
Gesamtzeit: 10:18:29
Ich gebe es langsam auf, irgendwelche Pläne für den nächsten Tag zu machen, es kommt ja doch immer anders. Gestern ging es mir noch nicht so toll, also dachte ich: Ich gehe früh schlafen und mach morgen sachte wieder weiter. Um 21 Uhr lag ich im Bett. Aber an Schlaf war nicht zu denken, trotz Ohrstöpsel. Eine Gruppe sehr junger Spanier kam an und die haben gefeiert. War wohl so eine Art Klassenausflug, jedenfalls konnten das unmöglich Pilger sein. Um 10 ist normalerweise Nachtruhe in Herbergen. Die kamen lautstark ab 11 einzeln rein. Dann war ich der einzige, der nicht geschnarcht hat und neben mir versuchte ein sehr junges Pärchen unauffällig Sex zu haben. So doof hab ich mich mit 15 nicht mehr angestellt. Es war fast zum Lachen. Um 1 Uhr hab ich die dann gebeten, das am nächsten Tag nochmal zu probieren. Halb zwei war es mir dann zu bunt. An Schlaf ist diese Nacht definitiv nicht mehr zu denken. Also aufgestanden und geguckt, ob ich irgendwie herauskomme. Bingo, ein Tor im Hof ist nicht abgeschlossen. Kopflampe auf, Rucksack und Stöcke und ab in die Nacht. Wahnsinn! Nachts allein in der Meseta. Ich denke, nur im Weltall ist man noch einsamer. Ein wahnsinniger Sternenhimmel. Hier ist ja in weitem Umkreis keine Lichtquelle, also sieht man einen Sternenhimmel, der in Deutschland undenkbar wäre. Eine der eindrucksvollsten Erfahrungen bis jetzt auf dem Camino. Ich hatte nur eine Sorge, halten die Batterien durch? Sie hielten! Gegen 5 dann das erste Dorf und hab eigentlich mein geplantes Pensum von gut 20 km geschafft. Aber was soll ich hier um 5 in der Früh? Ich stand vor einer riesigen Kirche, um die 5 Häuser gebaut wurden und so das Dorf bilden. Die Kirche ist von außen beleuchtet und gibt die Kulisse eines Horrorfilmes. Schnell ein Video gedreht, um die Atmosphäre einzufangen und dann hab ich mich in meinen Schlafsack und diesen auf die Steinbank, die direkt in die Friedhofsmauer eingelassen ist gelegt. Ich war innerhalb von 10 Min. friedlich eingeschlafen und 3 Stunden später wieder topfit. Kaffeezeit! 4 km später gab es ein kleines Café und ich gönne mir ein ordentliches Frühstück. Auf zur nächsten Etappe, denn wenn ich hier bleibe, ist das die Standardentfernung für alle und ich hab die Kids wieder an der Backe. Das Schläfchen tat gut und die Füße laufen fast von allein, ist ja auch noch gut frisch draußen und so komme ich, fast erholt will ich sagen, in Boadilla an. Von einer Mitpilgerin ist mir in dem Nest eine Herberge empfohlen worden und in die checke ich gegen 12 auch als erster ein. Wundervoll hier, ein uraltes Gebäude, nett hergerichtet, mit Café und Pool. Was will man mehr? Und jetzt das übliche Programm. Duschen, Wäsche, Essen, Schlafen, Handy mit Bier und relaxen. Euch allen einen guten Tag, mir geht’s heut super und ich hab einen der spannendsten Tage hinter mir.
© schlaatz