10. Quentar → Granada

Gesamtstrecke: 19.09 km
Gesamtanstieg: 1150 m
Gesamtzeit: 05:29:12
Download file: 2023.08.14.gpx

Geschlafen hab ich gut, wenns auch nur ein Sofa war. Die Küche war offen und so hab ich es heute in Ruhe angehen lassen und mir noch einen Kaffee gekocht, dazu eine Schale Müsli. Halb 7 Uhr bin ich dann los und das hatte sich auch bei den Hunden schon herumgesprochen. So hatte ich die extrem zugewachsenen engen Pfade aus dem Dorf heraus, ein paar Begleiter, aber in etwas Abstand. Den Morgenkaffee und ein Glas Wasser, das ich zum Frühstück hatte, werde ich ganz schnell ohne Anhalten über die Stirn und den Rücken wieder los, denn es geht gleich in der Früh hart hoch, aber nur eine halbe Stunde. Danach wieder seicht dahin über einen Bergkamm mit immer besserer Sicht auf Granada. Ich lasse mir Zeit, mach Pausen, mit Musik und den letzten Salznüssen von gestern. Herrlich, der Wind bläst kühl den Berg hoch, eine Wonne hier sein zu können. Trotz der Sicht auf die Stadt lässt sich der Weg noch etwas Zeit, es zieht sich bis die ersten Vorstadtvillen erreicht sind. Der ein oder andere Jogger kommt gelaufen. Dann steht man plötzlich direkt unter der Alhambra mit den mächtigen maurischen Mauern und dem Blick auf Albaicin, dem arabischen Viertel. Schön wieder hier zu sein denke ich, bis ich die größeren Straßen erreiche. Ein Pulk von Touristen zieht durch die Stadt. Amerikaner erkennt man meist gleich, Deutsche auch, Italiener hört man und Koreaner sehen die Welt nur durch den Sucher ihrer Kamera. Klischees sind etwas Feines, denn sie stimmen mehrheitlich. Ich will pilgermäßig unterkommen und kein Hotel oder Hostal nehmen. Mein Handy ist genauso verwirrt wie ich den Standort des Benediktinerklosters auszumachen. Ich irre eine ganze Weile herum. Wie sich herausstellt auch um das Kloster. Alles zu. Man muss an einer Schnur die Kirchenglocke läuten, eine ganze Weile später, das Kloster ist groß, wird geöffnet. Ich bekomme die spartanischen Räumlichkeiten gezeigt und kann mich nun hier vertun. Ein erstaunlich bequemes Bett. Über den Hof eine Dusche und Toilette, eine kleine Küche ohne alles. Es wird gehen für eine Nacht. Bin ja nicht zur Wellness hier. Die Unterkunft ist kostenlos für Pilger, aber die passen ganz genau auf, dass man ja auch eine passende Spende in den Kasten wirft. Während ich hier schreibe, sticht mich doch ein und dieselbe Mücke 3-mal in den Fuß, ich fasse es nicht. Laut der Ordnung hier, die ich mir durchlesen musste, ist es verboten jegliches Tier hier zu töten. Das wär mir egal, aber ich kriege das Mistvieh nicht. Nach dem Waschen der Klamotten drehe ich trotzdem noch eine Runde durch Granada und gehe einkaufen, wie immer zu viel. In der Stadt ist es schwül und heiß. Mir läuft die Suppe den Rücken herunter. Neben dem Eingang des Klosters höre ich jemanden schimpfen im 1. Stock eines alten Hauses, … auf Deutsch. Ich rufe zurück, dass es schon nicht so schlimm sein kann. Daraufhin erscheint ein älterer Mann, mit dem ich kurz plaudere, bis im Kloster jemand die Glocke hört. Er wohnt schon 38 Jahre hier, erzählt er. Ein unangenehmer Typ, alles Scheiße, alles Mist. Er schimpft auf Deutschland und lebt doch hier ganz gut! Für morgen brauche ich noch eine Unterkunft in Pinos Puente. Komischerweise sagt Google, dass es eine Albergue gibt, aber der Pilgerführer nicht. Ich erkundige mich und es stellt sich heraus, dass die Herberge von der Pilgerassoziation den Pilgern nicht mehr empfohlen wird. Es ist wohl eine schlimme Gegend, in der Pilger bereits attackiert und ausgeraubt wurden von Zigeunern, die dort lagern. Also nehme ich ein Hotel an der Hauptstraße und meide die Ecke des Ortes, wird schon gut gehen. Der Weg morgen ist der Beschreibung nach eher unauffällig und nicht allzu lang. Maximal 20 km. Trotzdem werde ich Granada schon 6 Uhr den Rücken kehren, um die Morgenkühle zu nutzen. Nun ist es 9 und noch kein Anflug von Müdigkeit, ich hoffe, das wird nicht wieder so eine Nacht wie in La Peza. 2 Stunden Schlaf sind dann doch etwas wenig. Dass ich das schwere Tor des Klosters eine Zigarettenlänge offen ließ, gefiel den Mönchen gar nicht und so bin ich wohl der einzige Mensch, der ausnahmsweise im Kloster rauchen darf. Ob das eine Ehre ist, weiß ich jetzt nicht recht. Nun gut, so Gott will, schäle ich die Knochen morgen früh für ein paar neue Kilometer aus dem Schlafsack. Neuer Tag, neues Glück.

© schlaatz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert