15. Alcaudete → Baena

Gesamtstrecke: 29.09 km
Gesamtanstieg: 1287 m
Gesamtzeit: 06:08:13
Download file: 2023.08.19.gpx

Das Zimmer gestern war winzig. Ein Bett, ein Stuhl, ein kleines Bad, aber eine Klimaanlage und ein winziger Balkon. Mehr braucht der Pilger nicht. Zuerst wollte ich duschen. Die Duschtasse war eine Art winzige Badewanne, so tief wie eine Wanne, aber so klein wie eine Duschtasse. Sowas hatte ich in der Form noch nicht gesehen. Als ich in der Duschtasse stand, bemerkte ich, dass der Schlauch gar nicht bis zu der vorgesehenen Halterung für die Duschbrause reicht. Ich musste also akrobatisch tätig werden, um alle Körperteile nass zu bekommen. Hätte das jemand gesehen, hätte er sich vor Lachen in die Hose gemacht. Nachdem ich dann zwei Musiktitel lang sehr erfolgreich auf dem Thron gesessen hatte, bemerkte ich, dass die Spülung nicht funktionierte und wurde auch noch als Klempner tätig. Geschlafen habe aber ich super, das hatte ich wohl mal nötig, denn ich schlief bis 5 Uhr durch. Um 6 Uhr gab es den ersten Frühstückskaffee in einem kleinen Café um die Ecke. Aus der Stadt heraus geht es über eine kleine, komplett unbefahrene, alte Landstraße zwischen den Olivenbäumen entlang. Ich laufe noch komplett im Dunkeln, mit Stirnlampe und ein bisschen Musik aus dem Telefon. Die Straße zieht sich eine ganze Weile, bis sie in einen Schotterweg übergeht, um dann immer schmaler zu werden und schließlich nur noch ein zugewachsener Pfad ist. Die Strecke heute ist komplett menschenleer, kein Dorf und kein Haus zwischendrin. Es läuft sich zunächst absolut super, die Straße ist eine willkommene Abwechslung zu den sonstigen Wegen und auch der folgende Pfad läuft sich gut. Ich komme gut voran. Das passt, denn heute ist eine ziemlich lange Etappe. Ab 9 Uhr brennt die Sonne wieder unbarmherzig. Dann plötzlich lautes Bellen, ziemlich aus der Nähe, aber hier ist ja nichts außer Oliven. Ich drehe mich um und ein Hund kommt auf mich zu gesprintet. Knurrt und bellt laut. Jetzt wird’s ernst, denke ich mir. Mein Pfefferspray habe ich zwar immer parat, aber so viel Zeit habe ich nicht. Ich drehe mich um, laufe energisch ein paar Schritte auf den Hund zu und hebe einen Stein auf. Er weiß wohl, was jetzt kommt, hält auch abrupt an und zieht sich knurrend zurück. Das Spiel geht jetzt noch ein paar mal so, immer wenn ich ein paar Schritte weiterlaufe versucht er einen neuen Angriff. Schließlich werfe ich den Stein in seine Richtung, ohne wirklich auf ihn zu zielen. Nun hat er es wohl verstanden und bleibt, wo er ist. Ein paar Kilometer weiter kreuzt der Jakobsweg einen normalen Wanderweg mit einer sehr schönen Sitzgelegenheit. Diese nutze ich nur eine Viertelstunde und laufe dann weiter, denn die Zeit sitzt mir im Nacken. Ab jetzt zieht sich der Weg. Links und rechts Oliven, daran ändert sich bis zum Zielort nichts. Der Weg wird jetzt langsam schlechter, eine Piste mit groben Schottersteinen, welche einem ständig unter die Füße rollen und man Meter für Meter vorwärts stolpert. Schatten gibt es absolut keinen mehr und es wird langsam echt heiß. Zu allem Überfluss ist jetzt mein Wasser alle. Wie konnte das passieren? Ich hatte doch gestern noch zwei Liter aufgefüllt. Ich sehe nach, und bemerke, dass der Schlauch nicht richtig gesessen hat. Na toll denke ich mir, die Sonne brät, ich habe noch 12 km und mein Wasser ist alle. Ein paar Kilometer weiter komme ich an einer Industrieanlage vorbei, den dicken schwarzen Rauch habe ich schon aus der Ferne gesehen. Es ist wohl eine Müllverbrennungsanlage. Der beißende Rauch steigt mir in die Augen und die Nase. Der Gestank ist nicht auszuhalten, bis dann der Wind dreht und nun von vorne kommt. Ich kann endlich durchatmen. Die grobe Schotterpiste wird jetzt immer schlimmer, meine Fußsohlen brennen wie Feuer. Anhalten will ich aber nicht, denn Schatten gibt es eh keinen und ich muss sehen, dass ich ankomme, weil ich ja nichts mehr zu trinken habe. Also laufe ich straffen Schrittes auf die indessen in der Ferne endlich sichtbare Stadt zu. Einen Apfel und eine Tomate habe ich noch, die hatte ich mir noch ein Stück aufgehoben, und hau mir die jetzt rein. Zumindest ein bisschen Flüssigkeit. Ich merke wie ich immer schneller werde und erreiche dann endlich die Stadt. Ein kleiner Laden hat in der Ecke einen Kühlschrank stehen mit Getränken, die sie nebenbei verkaufen, ich mache die Fanta schon im Geschäft auf. Die Verkäuferin hat mir wohl angesehen, wie nötig ich das habe und sagt nichts dazu. Jetzt ist alles wieder in Ordnung und ich schlendere nun etwas langsamer Richtung Unterkunft. Den Code für das Schloss habe ich bereits und so stehe ich wenige Augenblicke später bereits unter der Dusche. Bevor ich das Haus betreten habe, war weiter unten in der Gasse ein Hinweisschild auf einen Lidl Markt zu sehen. Dem gehe ich jetzt mal nach. Die Gasse geht extrem steil nach unten und ich habe Angst, dass die Schnüre meiner Flipflops reißen. Ich kaufe natürlich wieder viel zu viel ein, aber so ist es, wenn man mit leerem Magen einkaufen geht. Duschen konnte ich zwar schon, aber mein Zimmer ist noch nicht bereit, die Reinigungskraft kommt wohl erst 14 Uhr. Das ist aber nicht weiter schlimm, es gibt eine schöne Terrasse, auf der ich mich breit laufen lassen kann, um gemütlich zu schreiben. Mit 29 km unter der brennenden Sonne war das heute eine ganz schön anstrengende Etappe, umso leichter wird es morgen ausfallen. Das Höhenprofil sagt mir 17 km bergab und das war’s. Da freut man sich auch mal drauf. Dies erstmal zum heutigen Tag. Mal sehen was noch so passiert.

© schlaatz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert