Gesamtanstieg: 1234 m
Gesamtzeit: 05:38:52
Auf 5:30 Uhr hatte ich den Wecker gestellt und ihn tatsächlich auch gebraucht. Ich hatte wohl viel Schlaf nachzuholen. 6:20 Uhr bin ich dann gestartet. Ein wunderbares Gefühl, wieder auf dem Camino unterwegs zu sein. Schon um diese Zeit ist es echt warm hier. Oder noch? Hat man erstmal den ersten Pfeil gesichtet, dann bekommt man wieder einen Blick dafür. Aus Almeria heraus geht es Straßen und Parks entlang bis zu einer kleinen Vorstadt, die sich nahtlos an Almeria anfügt. So trist, wie in manchen Berichten beschrieben, finde ich die Vorstadt nun nicht wirklich. Im Gegenteil, ruhige Gegenden, mit ein paar Bars und Parks, ich finde das eher einladend. Eine Joggerin spricht mich kurz vor dem ersten Abschnitt im Bachbett an und gab mir noch ein paar Tipps mit auf den Weg. Ich verstand erstmal nicht viel, aber habe mir dann den Satz langsam im Kopf übersetzt, so gings. Bis 9:30 Uhr war alles gut und ich kam gut voran. Das Bachbett ist eher ein Flussbett oder Strombett. Es ist nämlich fast 100 m breit. Der ‚Andrax‘ muss mal ein gewaltiger Fluss gewesen sein. Wahrscheinlich bis die Spanier anfingen nachts die Straßen mit Trinkwasser zu säubern, und die Touristen zu Millionen 2x am Tag duschen müssen. Oder am Strand nach jedem Bad im Meer. Aber das ist ein anderes Thema. In Pechina, ein paar Meter abseits des Flussbettes gabs den ersten ‚Cafe con Leche‘. Ab da zog es sich ganz schön, war aber außerhalb des Bachbettes gut zu laufen. Neben der Betonmauer am Fluss läuft eine geteerte schmale Straße, die aber eigentlich nur von Fußgängern benutzt wird. Von der Pause im Bachbett vorher hab ich noch überall schwarzen Staub in den Klamotten. Der Schlick am Grund des Flusses hat sich unter der brennenden Sonne zu schwarzem, feinsten Staub zermahlen. Rioja war dann auch bald erreicht, aber dort bleiben war keine Option. Der Ort gibt nicht viel her und die nächsten Etappen wären dann zu lang geworden, also weiter. Jetzt kurz nach 10 wird es richtig heiß. Im Schatten eines Felsens an der Straße mache ich nochmal auf einem Betonsockel Pause und wundere mich wie erholsam so eine 15 min Pause sein kann. Ich lasse kurz Luft an die Füße, das tut gut und die vielen kleinen Steine mussten auch dringend raus. Von hier ab laufe ich in der prallen Sonne in Richtung Santa Fe. Kurz vor dem Ort sehe ich rechts das Zeichen einer Herberge an einem Haus und gehe hinein. Drin sehen mich 3 Leute ganz verwundert an. Das war wohl früher eine Herberge und nun wohnen dort Gastarbeiter drin. Die wissen nicht was los ist und ich gehe wieder raus. Draußen kommt eine ältere Frau mit Ihrem Schoßhündchen daher und sagt mir, dass dies nicht mehr die Herberge ist, sondern jetzt eine umgebaute Schule im Ort. Dort, direkt am Dorfeingang, spreche ich jemanden an, der mit seinen kläffenden Hunden Gassi geht, und siehe da, genau der richtige Mann. Er ruft die Herbergsmutter an, die 10 Min. später erscheint und mich in die nagelneue 15-Betten Herberge lässt. Ein eigenes Zimmer mit Klimaanlage und riesengroßer Dusche, da springt das Pilgerherz fast aus der Brust. Wie ich später erfahre, sollte das hier eigentlich so eine Art Altenheim werden. Daher die großen barrierefreien Duschen und breiten Türen. Später bekommen noch 2 Leute ein anderes Zimmer. Es sind keine Pilger, eher Durchreisende. Wer weiß. Jetzt, wo ich akklimatisiert und frisch geduscht bin, mache ich mich mal auf die Suche nach einem kalten Bier und einem Happen zu Essen. Die Bar ist nicht weit weg und so schnell gefunden. Der spanisch online Kurs macht sich hier das erste Mal richtig bezahlt als ich trotz Küchenschluss noch eine Mahlzeit verhandeln kann. Nach dem ersten kalten Bier auf dieser Strecke ist die Anstrengung des Tages vergessen und sehe mir gemütlich auf dem Handy den nächsten Tag an. Abends wurde es nochmal hektisch vor der Herberge. Plötzlich standen da auf dem kleinen Platz vor dem Gebäude einige Tische und das halbe Dorf saß dort. Nach einer Stunde waren alle so schnell wieder weg, wie sie gekommen waren. Verrückt. Einer, den ich schon nachmittags in der Bar angetrunken gesehen habe, steht jetzt völlig betrunken vor der Herberge und bettelt jeden, der kommt, nach einer Zigarette an. Ich gebe ihm eine und er erzählt mir dafür eine Geschichte. Ich verstehe nicht viel und nicke nur zustimmend. Es wird Zeit fürs Bett.
© schlaatz