Gesamtanstieg: 1069 m
Gesamtzeit: 10:25:38
Heut hat es mir der Camino ganz schön gegeben. Gestartet bin ich gegen 6. Hoch, runter, hoch, runter, die ganze Zeit bis Logrono. Und die letzten Kilometer nur Beton und Asphalt. Am Morgen in Torres del Rio ging es im Dunklen einen steilen Berg hoch und plötzlich blies ein Wind über den Hügel, dass man Schlagseite bekommt und er ist heiß wie ein Föhn. Unbeschreiblich, hab sowas noch nie erlebt. Im Dunkel so einen heißen Wind. Ein paar Kilometer später hat ein vermutlich Arbeitsloser Kaffee und Massagen mitten im Nichts angeboten. Wir dachten gut, es ist fast 8, trinken wir einen Kaffee. Das war die schlimmste Brühe, die ich je hatte. Er war mindestens 3 Tage alt, immer wieder aufgewärmt und schmeckte nach verbrannter Seife und Weihrauch. Gruselig! Ich hab ihn heruntergewürgt und weil es auf Spendenbasis war noch einen Euro gegeben. Ich hatte keinen Durst, aber ich hab meine Trinkblase fast geleert, um den Geschmack loszuwerden. Das absolute Gegenteil gabs dann 10 km weiter. Eine junge Spanierin, Luisa, hat die Pilger mit bestem Wein und selbstgemachten Tortilla beglückt. Super lecker. Und der Wein auch. Dazu eine wirklich sehr sympathische Person, die uns mit Umarmung und Glückwünschen wieder auf den Camino entließ. Bei Ihr das Gleiche. Donativo, also Spende. Es gab 5 Euro. Das ist eine Möglichkeit in diesem Land, in der es eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie in Deutschland gibt, etwas zum Leben dazu zu verdienen. Kurz vorm Mittag wieder 36 Grad im Schatten und Betonpiste. Die unschöne Industrievorstadt von Logrono. Da gibt es, außer der Stempelstelle der ältesten Frau auf dem Camino, gar nichts zu sehen. Felisa Rodrigues Medel, eine Institution. Die alte Frau hat bis 2002 jedem Pilger, der hier vorbeikam, einen eigenen Stempel in die Credential gedrückt. Nun macht die Tochter weiter. Die Füße fangen an zu brennen und ich hab noch 18 km vor mir. In Logrono angekommen gibt es ein Pilgerfußbad, eine Wonne vorm Herrn, aber das hält nicht lange. Durch Logrono durch und dann noch 12 km. Ich wurde immer langsamer und hab jede Wasserstelle mitgenommen. Diese fiese Betonstraße setzt mir ganz schön zu bei der Hitze. Am Ende kommen wir in Navarrete an. Eine sehr saubere Herberge und nach dem Duschen war die Welt wieder in Ordnung. Für 5 € hab ich mir noch eine Fußmassage gegönnt, die hier in der Herberge angeboten wird. Heute denke ich, hab ich meine persönliche Belastungsgrenze herausgefunden. Es war mit 31 km nicht die längste, aber definitiv die härteste Etappe nach der Pyrenäen-Überquerung. Aber das ist alles nur die halbe Wahrheit. Die Schmerzen sind nur in den Beinen. Der Rest von mir wurde durch eine außerhalb von Logrono gelegene, absolut beeindruckende Landschaft geschaukelt. Aller 20 min pflückt man leckeren Wein direkt von der Rebe, fantastisch. Die Zeit wo man nichts sehen kann, verbringen wir damit, dass Jean mir Spanisch beibringt. Hape Kerkeling hatte mal geschrieben, dass er an einem Tag nicht mal mehr eine Treppenstufe geschafft hätte, so gehts mir heut auch. Aber (großes Aber) die Füße und die Schuhe sind jetzt echt eingelaufen und funktionieren einfach nur.
© schlaatz